ROHRMEISTEREI IN SCHWERTE
NEUES LEBEN HINTER ALTEN MAUERN
Freitagabend um halb sieben in der Rohrmeisterei Schwerte: Aus Halle eins ertönt leises Gläserklirren und gedämpftes Besteckgeklapper, denn gleich öffnet das Restaurant für die Gäste. In Halle zwei spielt sich eine Pianistin für ein Konzert warm und in Halle drei herrscht geschäftiges Möbelrücken. Die letzten Aufbauarbeiten für die Kleinkunstwoche sind in vollem Gange. So viel Geschäftigkeit ist hier ganz normal. Die Rohrmeisterei schafft Raum für Kunst, Kultur und Kulinarisches.
Doch das war ursprünglich mal ganz anders: Als das Ruhrgebiet im 19. Jahrhundert einen industriellen Boom von ungeahnten Ausmaßen erlebte, da hinkte der Aufbau einer ausreichenden Wasserversorgung der explosionsartigen Bevölkerungsentwicklung oft dramatisch hinterher. Besonders betroffen war die Stadt Dortmund, die sich daher gezwungen sah, Trinkwasser aus dem Schwerter Ruhrtal zu beziehen. Um das kühle Nass über den Höhenzug des Ardey hinweg an seinen Bestimmungsort zu bringen, war auch ein leistungsfähiges Pumpwerk vonnöten.
Theater Unterm Tonnendach
1890 ging die Schwerter Pumpstation in Betrieb. Drei Dampfmaschinen taten hier bis zur Stilllegung im Jahr 1924 ihren Dienst. Nachdem sie demontiert worden waren, nutzten die Dortmunder Stadtwerke die Werkshalle unter anderem als Rohrlager, woraus sich der Name "Rohrmeisterei" erklärt. Doch 1976 war auch damit Schluss. Das 70 Meter lange Ziegelbauwerk mit der Rundbogengliederung, den gusseisernen Sprossenfenstern und dem mächtigen Tonnendach wurde zwar 1990 unter Denkmalschutz gestellt, seine Zukunft blieb aber dennoch lange Zeit ungewiss. Zum Glück ließen es Schwerter Kulturschaffende, Theatermacher und engagierte Bürger dabei nicht bewenden. Sie gründeten im Jahr 2000 die "Bürgerstiftung Rohrmeisterei", um in ihrer Stadt ein Kulturzentrum mit einzigartiger Atmosphäre zu etablieren.
Schnell hat sich die Rohrmeisterei zu einer festen Größe im Schwerter Kulturleben entwickelt. "Uns wurde recht bald klar, dass ein Umbau und ein neues Trägerschaftsmodell her mussten, um die große Resonanz und Nachfrage bewältigen zu können", erinnert sich Tobias Bäcker, heute geschäftsführender Vorstand der Bürgerstiftung, die die Trägerschaft der Rohrmeisterei übernommen hat. Die Räume lassen sich für unterschiedliche Veranstaltungen anmieten: "Für kulturell-gemeinnützige, aber auch privat-gewerbliche, denn schließlich wollen wir wirtschaftlich arbeiten", sagt Tobias Bäcker. Tanz- und Theatergruppen existieren friedlich neben Schützenverein und Taubenzüchtern, zwischendrin feiern Verliebte Hochzeit oder Unternehmen sich selbst. Zwischen den engen Ab- und Aufbauterminen kommt es bisweilen zu amüsanten Begegnungen. "Trifft der alteingesessene Schwerter Taubenzüchter auf den sensiblen Tänzer aus Düsseldorf, ist schon mal kulturelles Dolmetschen angesagt", schmunzelt Tobias Bäcker. Es sind diese verschiedenen Welten, die den lebendigen Charakter der Rohrmeisterei ausmachen.
Bei all der Vielfalt ist es wichtig, den eigenen kulturellen Anspruch nicht aus den Augen zu verlieren. "Mit einem etwa 20-prozentigen Anteil an Eigenproduktionen versuchen wir, zusätzliche künstlerische Akzente zu setzen", erklärt Tobias Bäcker. Manche Gäste aus Münster oder Duisburg kommen auch wegen der Gastronomie. Der hohe Raum mit den naturbelassenen, steinernen Wänden und dem schlichten Betonfußboden schafft eine beinahe sakrale Atmosphäre, die Noblesse mit Bodenständigkeit vereint. Im Sommer erholen sich zudem viele Radler und Spaziergänger im großen Biergarten.
Leben auf der Brache
Von der Rohrmeisterei bis zur Ruhr sind es nur rund 200 Meter. Dazwischen liegt ein künstlich aufgeschüttetes Plateau, auf dem sich früher die Absetz- und Filterbecken der Pumpstation befanden. Nach Ende des Betriebs wurden sie verfüllt, und es entstand eine große Industriebrache. Die Natur nutzte die Gelegenheit, sich einen Teil dieser Fläche zurückzuerobern. Abseits der menschlichen Betriebsamkeit entwickelte sich hier in den letzten Jahren ein stabiles, etwa 700 Quadratmeter großes Feuchtbiotop, in dem Frösche, Kröten und Teichmolche, aber auch seltene Pflanzen ihr Auskommen finden. Der Wunsch, dieses Biotop zu erhalten, gleichzeitig aber der insgesamt verwahrlosten Brache ein neues Gesicht zu geben, bedeutete eine außergewöhnliche Herausforderung, die zu einer außergewöhnlichen Lösung führte: Im Juni 2010 konnte auf dem Plateau ein Landschaftsgarten eingeweiht werden, dessen Umriss das ehemalige Absetzbecken der Pumpstation nachzeichnet. Ein Teil der Gesamtfläche steht dem Restaurant als Biergarten zur Verfügung, ein anderer kann für Veranstaltungen unter freiem Himmel genutzt werden. Gleichzeitig lenkt ein auffälliger lang gezogener Holzsteg die Besucherschritte in Richtung Ruhr – und an dem wertvollen Feuchtbiotop vorbei.
Neuer Zugang zur Ruhr
An der Böschungskante zum Flusstal hin warten schließlich die sogenannten "Ruhrbalkone" auf Menschen, die gern genießerische Blicke in schöne Landschaften werfen. Von den schlichten Holzplattformen hat man aber nicht nur eine wunderschöne Aussicht in die Umgebung, von hier aus sind es auch nur ein paar Schritte bis zu dem Rad- und Wanderweg, der an der Ruhr zu weiteren Erkundungen einlädt. Womit der Landschaftsgarten ein erklärtes Ziel erreicht hat – neue Wege zur Ruhr zu ebnen.
Doch das war ursprünglich mal ganz anders: Als das Ruhrgebiet im 19. Jahrhundert einen industriellen Boom von ungeahnten Ausmaßen erlebte, da hinkte der Aufbau einer ausreichenden Wasserversorgung der explosionsartigen Bevölkerungsentwicklung oft dramatisch hinterher. Besonders betroffen war die Stadt Dortmund, die sich daher gezwungen sah, Trinkwasser aus dem Schwerter Ruhrtal zu beziehen. Um das kühle Nass über den Höhenzug des Ardey hinweg an seinen Bestimmungsort zu bringen, war auch ein leistungsfähiges Pumpwerk vonnöten.
Theater Unterm Tonnendach
1890 ging die Schwerter Pumpstation in Betrieb. Drei Dampfmaschinen taten hier bis zur Stilllegung im Jahr 1924 ihren Dienst. Nachdem sie demontiert worden waren, nutzten die Dortmunder Stadtwerke die Werkshalle unter anderem als Rohrlager, woraus sich der Name "Rohrmeisterei" erklärt. Doch 1976 war auch damit Schluss. Das 70 Meter lange Ziegelbauwerk mit der Rundbogengliederung, den gusseisernen Sprossenfenstern und dem mächtigen Tonnendach wurde zwar 1990 unter Denkmalschutz gestellt, seine Zukunft blieb aber dennoch lange Zeit ungewiss. Zum Glück ließen es Schwerter Kulturschaffende, Theatermacher und engagierte Bürger dabei nicht bewenden. Sie gründeten im Jahr 2000 die "Bürgerstiftung Rohrmeisterei", um in ihrer Stadt ein Kulturzentrum mit einzigartiger Atmosphäre zu etablieren.
Schnell hat sich die Rohrmeisterei zu einer festen Größe im Schwerter Kulturleben entwickelt. "Uns wurde recht bald klar, dass ein Umbau und ein neues Trägerschaftsmodell her mussten, um die große Resonanz und Nachfrage bewältigen zu können", erinnert sich Tobias Bäcker, heute geschäftsführender Vorstand der Bürgerstiftung, die die Trägerschaft der Rohrmeisterei übernommen hat. Die Räume lassen sich für unterschiedliche Veranstaltungen anmieten: "Für kulturell-gemeinnützige, aber auch privat-gewerbliche, denn schließlich wollen wir wirtschaftlich arbeiten", sagt Tobias Bäcker. Tanz- und Theatergruppen existieren friedlich neben Schützenverein und Taubenzüchtern, zwischendrin feiern Verliebte Hochzeit oder Unternehmen sich selbst. Zwischen den engen Ab- und Aufbauterminen kommt es bisweilen zu amüsanten Begegnungen. "Trifft der alteingesessene Schwerter Taubenzüchter auf den sensiblen Tänzer aus Düsseldorf, ist schon mal kulturelles Dolmetschen angesagt", schmunzelt Tobias Bäcker. Es sind diese verschiedenen Welten, die den lebendigen Charakter der Rohrmeisterei ausmachen.
Bei all der Vielfalt ist es wichtig, den eigenen kulturellen Anspruch nicht aus den Augen zu verlieren. "Mit einem etwa 20-prozentigen Anteil an Eigenproduktionen versuchen wir, zusätzliche künstlerische Akzente zu setzen", erklärt Tobias Bäcker. Manche Gäste aus Münster oder Duisburg kommen auch wegen der Gastronomie. Der hohe Raum mit den naturbelassenen, steinernen Wänden und dem schlichten Betonfußboden schafft eine beinahe sakrale Atmosphäre, die Noblesse mit Bodenständigkeit vereint. Im Sommer erholen sich zudem viele Radler und Spaziergänger im großen Biergarten.
Leben auf der Brache
Von der Rohrmeisterei bis zur Ruhr sind es nur rund 200 Meter. Dazwischen liegt ein künstlich aufgeschüttetes Plateau, auf dem sich früher die Absetz- und Filterbecken der Pumpstation befanden. Nach Ende des Betriebs wurden sie verfüllt, und es entstand eine große Industriebrache. Die Natur nutzte die Gelegenheit, sich einen Teil dieser Fläche zurückzuerobern. Abseits der menschlichen Betriebsamkeit entwickelte sich hier in den letzten Jahren ein stabiles, etwa 700 Quadratmeter großes Feuchtbiotop, in dem Frösche, Kröten und Teichmolche, aber auch seltene Pflanzen ihr Auskommen finden. Der Wunsch, dieses Biotop zu erhalten, gleichzeitig aber der insgesamt verwahrlosten Brache ein neues Gesicht zu geben, bedeutete eine außergewöhnliche Herausforderung, die zu einer außergewöhnlichen Lösung führte: Im Juni 2010 konnte auf dem Plateau ein Landschaftsgarten eingeweiht werden, dessen Umriss das ehemalige Absetzbecken der Pumpstation nachzeichnet. Ein Teil der Gesamtfläche steht dem Restaurant als Biergarten zur Verfügung, ein anderer kann für Veranstaltungen unter freiem Himmel genutzt werden. Gleichzeitig lenkt ein auffälliger lang gezogener Holzsteg die Besucherschritte in Richtung Ruhr – und an dem wertvollen Feuchtbiotop vorbei.
Neuer Zugang zur Ruhr
An der Böschungskante zum Flusstal hin warten schließlich die sogenannten "Ruhrbalkone" auf Menschen, die gern genießerische Blicke in schöne Landschaften werfen. Von den schlichten Holzplattformen hat man aber nicht nur eine wunderschöne Aussicht in die Umgebung, von hier aus sind es auch nur ein paar Schritte bis zu dem Rad- und Wanderweg, der an der Ruhr zu weiteren Erkundungen einlädt. Womit der Landschaftsgarten ein erklärtes Ziel erreicht hat – neue Wege zur Ruhr zu ebnen.
Stand der Angaben: Magazin der NRW-Stiftung 2/2010
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