LANDKAUF IM UNNAER OSTEN
JEDER METER ZÄHLT
Es passte Albrecht einfach nicht, dass zuerst die Blumen, Frösche und Vögel aus den Wiesen verschwanden und dann die Wiesen selbst. Und dass er für die Kopfweiden in der Umgebung etwas übrig hatte, merkte er, als immer mehr Bäume auseinander brachen und nicht nachgepflanzt wurden. Darüber sprach er mit Freunden und Nachbarn. Albrecht trommelte zwei Dutzend Bekannte zusammen, und einen Tag lang beschnitt man die Bäume am Ortsrand. Was 1980 nach einer Eintagsfliege aussah, ist mittlerweile Dorftradition wie anderswo Schützenball oder Feuerwehrfest. Immer am ersten Samstag im Jahr ist "Tag der Weide". Dann rücken zwischen 50 und 100 Helfer an, um die Bäume zu schneiteln und neue zu pflanzen. Bauern helfen mit Treckern und Motorsägen. Längst hat sich das Pflegerevier bis zu den Nachbargemeinden ausgedehnt, und neben dem Tag der Weide gibt es viele andere Aktivitäten.
Den Schwerpunkt ihrer Arbeit sehen die Mühlhausener in der Aufwertung "ihres" Naturschutzgebiets, der Uelzener Heide-Mühlhauser Mark. Schon lange bevor dort ein Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde, hatten sich Albrecht und seine Freunde für eine naturnahe Landwirtschaft engagiert. Als sie 1988 die erste Fläche, den "Rebhuhnacker", kauften, hielt man sie noch für Spinner. Aber es ging ja nicht um materielle Werte. Die Naturschützer hatten das Ziel, den Acker wieder in Grünland umzuwandeln, den Teich, der früher existiert hatte, wieder anzulegen und Kiebitz und Laubfrosch vor ihrer Vertreibung zu retten. Für weitere Landkäufe verbündete sich Albrecht mit dem Kreisverband Unna des NABU. Mittlerweile lacht niemand mehr über die Initiative der Mühlhausener. Insgesamt 19 Parzellen mit einer Gesamtfläche von über 270.000 Quadratmetern nennen sie ihr Eigen. Sie legten Teiche an und befreiten etliche Quellen und mehrere hundert Meter Bach aus ihren Betonröhren. Mithilfe ansässiger Bauern regelten die Naturschützer eine naturverträgliche Bewirtschaftung der Weiden.
Das Geld für den Landkauf stammt zu einem großen Teil aus Spenden. Albrecht gründete dafür extra eine Stiftung. Jeder Spender erhält öffentlich Dank und Lob, sei sein Beitrag noch so bescheiden.
Für 30 Euro lassen sich wieder zehn Quadratmeter Naturschutz verwirklichen. Jeder Spender wird Pate für den Boden, der von seinem Geld gekauft wurde. Schulklassen, Vereine, Firmen und viele Privatleute haben sich die schmucke Patenschafts-Urkunde gerahmt an die Wand gehängt. Der Erfolg der Umweltschützer in Unna-Mühlhausen hat viele Unterstützer. Aber keiner ist so begeistert und unermüdlich wie Karl-Heinz Albrecht. Sein ansteckender Optimismus und sein Tatendrang reißen auch viele andere mit. Aber sich selbstzufrieden zurückzulehnen, das ist nicht seine Art. Lieber lernt er noch etwas Neues. Mit weit über 50 fragte er Karl Kötter, einen befreundeten Landwirt, ob er bei ihm Trecker fahren lernen könnte – für die vielen Landschaftspflege-Aktionen. Karl Kötter hatte nichts dagegen. Und Albrecht freute sich wie ein Kind: "Datt macht mir Spaß!"
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