SÜDWESTFALENS BLÜHENDE VIELFALT
LOKALES OBST FÜR EIN BLÜHENDES LAND


© Foto: Naturschutzzentrum Märkischer Kreis
Inventarisieren, veredeln, nachpflanzen
Manche Sorten, deren Namen in der alten Fachliteratur stehen, gelten als verschollen. Umgekehrt gibt es zahlreiche Apfel-, Birnen oder Kirschbäume, die sich einer Identifizierung zu verweigern scheinen. In solchen Fällen ist geduldige Recherche gefragt. Volker Knipp aus Schalksmühle, der das Streuobstprojekt bei der Naturschutzstation Märkischer Kreis koordiniert, hat schon viele Bauern und Gartenbesitzer nach ihren Erfahrungen und Lokalnamen befragt. In einem großen Gebiet wie dem westfälischen Süderbergland hat man für eine solche Aufgabe nie genug Verbündete.


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Die Streuobstwieseninitiative startet nicht bei Null. Volker Knipp war bis Anfang 2016 an einer dreijährigen Inventur wenig bekannter Obstsorten in Westfalen beteiligt. Die in dieser Zeit gefundenen besonders interessanten Sorten wurden bereits dokumentiert und durch Veredelung im Sortengarten Hemer und an anderen Standorten vermehrt. Damit stehen sie bereits jetzt für die Abgabe an Interessierte zur Verfügung. Mit 08/15-Neuzüchtungen würden sich Obstliebhaber der Region keinen Gefallen tun, denn die gängigen, auf gefällige Optik und hohe Erträge getrimmten Sorten eigenen sich kaum fürs raue Sauerland-Klima. Zudem erfordern sie einen hohen Einsatz an Pflanzenschutzmitteln. Statt der Giftspritze gelten hier Meisen, Marienkäfer und Ohrwürmer als die besseren Schädlingsbekämpfer. Sie vertilgen Raupen und halten die Blattlauspopulationen klein.


© Foto: Naturschutzzentrum Märkischer Kreis
Wo man für guten Geschmack brennt
Zum Sortenerhalt können übrigens nicht nur Landwirte und Grundstücksbesitzer beitragen. Jeder Käufer von Obstsaft, Obstbrand oder Frischobst von Streuobstwiesen stützt die Nachfrage und damit den Fortbestand. Die Qualität mancher Früchte wird allerdings erst erkennbar, wenn sie als Kochbirnen oder Dörrobst verarbeitet werden. Ein Beispiel ist die "Winterkippe", eine Birnensorte, von der bisher nur drei alte Bäume um Iserlohn-Letmathe gefunden wurden. Als Tafelobst taugen die herben Früchte nicht. Gekocht oder zu Obstbrand destilliert entfalten sie jedoch ein marzipanartiges Aroma. Für eine Zukunft solcher Seltenheiten braucht es deshalb experimentierfreudige Köche und Brenner.
Text: Günter Matzke-Hajek

Apfelallergiker reagieren fast ausnahmslos auch empfindlich auf Pollen. Besonders der Blütenstaub von Birken und vielen Gräsern scheint ähnliche Allergene zu besitzen wie das Fruchtfleisch mancher Äpfel. Alte Sorten wie Alkmene, Berlepsch, Boskoop, Gravensteiner oder Ontario haben allerdings deutlich schwächere allergene Wirkung und werden deshalb von Allergikern besser vertragen als Neuzüchtungen wie Braeburn, Golden Delicious, Granny Smith oder Pink Lady. Der Wirkmechanismus ist erst teilweise verstanden. Eine Rolle spielen Enzyme (Polyphenoloxidasen), welche die Allergene deaktivieren. Die höhere Enzymaktivität der alten Sorten ist daran erkennbar, dass ihr Fruchtfleisch im Anschnitt schneller braun wird. In dem Maße, in dem man das Bräunen und die Säure wegzüchtete, erhöhte man unbeabsichtigt das allergene Potenzial. www.bund-lemgo.de/apfelallergie
Stand der Angaben: Stiftungsmagazin 01/2019
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